„Ein Künstler, der Gott und Menschen dienen konnte“ – Festprogramm zum 350. Todesjahr von Matthias Weckmann

Konzerte, Meisterkurse und Wort mit Léon Berben (Köln), Orgel und Cembalo

Samstag, 9.11.2024

10.00 Uhr: Meisterkurs Orgel und Cembalo mit Léon Berben in der Kirche Maria Frieden Dübendorf
19.30 Uhr: Gesprächskonzert (Orgel und Cembalo) mit Léon Berben und Dirk Trüten in der Kirche Allerheiligen Zürich (Wehntalerstrasse 224, 8057 Zürich)

Sonntag, 10.11.2024

17.00 Uhr: Festliches Abschlusskonzert mit Léon Berben (Orgel) in der Kirche Maria Frieden Dübendorf

Matthias Weckmann

Als Matthias Weckmann vor 350 Jahren in der Jacobikirche zu Hamburg bestattet wurde, war mit ihm einer der bedeutendsten Musiker seiner Zeit verschieden. Sein „Hertzens-Freund“, Christoph Bernhard, leitete den Trauergottesdienst und ermahnte die Anwesenden mit den Worten: „Sie seint bisshero glücklich gewesen; es wird aber künfftig mit Ihnen eine grosse Veränderung kommen, die Music wird wieder fallen, wie Sie in 14 Jahren an diesem Ohrte gestiegen”.

Matthias Weckmann wurde 1616 in Thüringen geboren. Mit zwölf Jahren schickte ihn sein Vater zum Musikstudium nach Dresden, wo Heinrich Schütz persönlich seine Ausbildung beaufsichtigte und ihn 1633 zur Fortbildung zu dem Organisten Jacob Praetorius, einem der berühmtesten Schüler von Sweelinck, nach Hamburg schickte. Weckmann kehrte 1636 nach Dresden zurück, wurde zum Organisten der kurfürstlichen Schlosskirche ernannt und in die kurprinzliche Kapelle aufgenommen. Danach hielt er sich als Hoforganist in Dänemark auf, bevor er 1647 nach Dresden zurückberufen wurde. Wenig später mass er sich in in einem Wettspiel mit dem hochberühmten Cembalisten des Kaisers, Johann Jacob Froberger, der nach dem Konzert erklärte, Weckmann sei ein echter Virtuose. Das war der Beginn einer langjährigen Freundschaft zwischen den beiden Musikern. Der Musikschriftsteller Johann Mattheson berichtet darüber wie folgt: „Beregte beide Künstler haben hernach immer einen vertraulichen Briefwechsel geführet, und Froberger sandte dem Weckmann eine Suite von seiner eignen Hand, wobey er alle Manieren setzte, sodass Weckmann auch dadurch der frobergerischen Spiel-Art ziemlich kundig ward.“

Nach einem spektakulären Probespiel folgte 1655 seine Ernennung zum Organisten der Kirche St. Jacobi in Hamburg. Die Honoratioren der Stadt, die eifersüchtig trachteten, es den diversen deutschen Höfen auf kulturellem Gebiet gleichzutun, wenn sie nicht gar zu übertreffen, dürften stolz darauf gewesen sein, dass es ihnen gelungen war, einen so brillanten und avantgardistischen Musiker zu gewinnen. 1660 erwarb Weckmann das Hamburger Bürgerrecht und gründete kurz danach das Collegium Musicum, ein Ensemble von fünfzig Musikern, das jede Woche probte und die besten italienischen und deutschen Kompositionen spielte.

Die ungewöhnliche Vielfalt und Breite seines stilistischen Spektrums weisen Weckmann als einen der bedeutendsten Clavier- und Orgelkomponisten des 17. Jahrhunderts aus. Seine Neuheiten und „Erfindungen“ stehen immer im Dienste der Expressivität des Ausdrucks. Mit einem Augenzwinkern berichtet Mattheson: „Der berühmt gewesene Organist zu St. Jacob in Hamburg, Matthias Weckmann (…) habe im SingBasse den Messiam so deutlich abgemahlet, alswenn er ihn mit Augen gesehen hätte”. Im Bereich der Orgelmusik stechen besonders seine beiden gewaltigen Choralzyklen über „Es ist das Heil uns kommen her“ und „O lux beata trinitas“ hervor, in denen er die Mehrstimmigkeit mithilfe des Doppelpedals auf bis zu sieben Stimmen steigert. Diese Kompositionen übertreffen an Umfang und Repräsentation alles, was an Orgelmusik aus dem 17. Jahrhundert bekannt ist. Das Werk Weckmanns zeichnet sich aber nicht nur durch Monumentalität aus. Vielmehr sind es die unterschiedlichen Affekte, die Gegensätzlichkeit von Ernst und Virtuosität, der aussergewöhnliche kontrapunktische Reichtum und die starke theologische Verankerung, die sein Oeuvre sowohl mit den grössten Polyphonisten des ausgehenden Mittelalters als auch mit den letzten Werken Johann Sebastian Bachs verbinden.

Léon Berben

Der niederländische Organist und Cembalist Léon Berben (geb. 1970) beschäftigt sich seit langem intensiv mit der Musik Matthias Weckmanns. Für seine wegweisende CD-Einspielung sämtlicher Orgelwerke Weckmanns an der Scherer-Orgel (1624) in der Stephanskirche in Tangermünde und der Stellwagen-Orgel (1636) in der Jakobikirche in Lübeck erhielt er 2021 den Preis der deutschen Schallplattenkritik. Dabei lobten die Juroren den Interpreten als einen „Künstler, dessen Expertise und charmante Musikalität die unendlich erfinderische Kontrapunktik Weckmanns ins Licht rücken.“

Léon Berben studierte am Königlichen Konservatorium von Den Haag und am Sweelinck-Konservatorium in Amsterdam. Zu seinen Lehrern gehörten u.a. Gustav Leonhardt und Ton Koopman. Früh spezialisierte er sich auf das Repertoire der „Clavierwerke“, also der Musik für Tasteninstrumente von 1550 bis 1790, wobei sein Hauptinteresse den deutschen Komponisten, den englischen Virginalisten und dem Schaffen Sweelincks gilt. Von 2000 bis 2006 war Léon Berben als Cembalist Mitglied von Reinhard Goebels Musica Antiqua Köln. In dieser Eigenschaft gastierte er in Europa, Nord- und Südamerika sowie Asien und spielte zahlreiche CDs für Deutsche Grammophon/Archiv Pro-duktion ein. Seit der Auflösung des Ensembles verfolgt er eine ausgedehnte Solistenkarriere, die ihn auf renommierte internationale Festivals führte wie z.B. Klavier Festival Ruhr, Internationaal Orgelfestival Haarlem, Schleswig Holstein Musik Festival, Bodensee Musikfestival, Festival oude muziek Utrecht, Rheingau Musikfestival, Lucerne Festival, Festival de Música Antiga de Barcelona. Léon Berbens zahlreiche Solo-Einspielungen wurden mit einer Fülle von Preisen bedacht, darunter gleich siebenmal der «Preis der deutschen Schallplattenkritik», aber auch der «Choc» der Zeitschrift Le Monde de la Musique und der «Diapason d’Or.