„Ein Künstler, der Gott und Menschen dienen konnte“ – Festprogramm zum 350. Todesjahr von Matthias Weckmann

Konzerte, Meisterkurse und Wort mit Léon Berben (Köln), Orgel und Cembalo

Samstag, 9.11.2024

10.00 Uhr: Meisterkurs Orgel und Cembalo mit Léon Berben in der Kirche Maria Frieden Dübendorf
19.30 Uhr: Gesprächskonzert (Orgel und Cembalo) mit Léon Berben und Dirk Trüten in der Kirche Allerheiligen Zürich (Wehntalerstrasse 224, 8057 Zürich)

Sonntag, 10.11.2024

17.00 Uhr: Festliches Abschlusskonzert mit Léon Berben (Orgel) in der Kirche Maria Frieden Dübendorf

Matthias Weckmann

Als Matthias Weckmann vor 350 Jahren in der Jacobikirche zu Hamburg bestattet wurde, war mit ihm einer der bedeutendsten Musiker seiner Zeit verschieden. Sein „Hertzens-Freund“, Christoph Bernhard, leitete den Trauergottesdienst und ermahnte die Anwesenden mit den Worten: „Sie seint bisshero glücklich gewesen; es wird aber künfftig mit Ihnen eine grosse Veränderung kommen, die Music wird wieder fallen, wie Sie in 14 Jahren an diesem Ohrte gestiegen”.

Matthias Weckmann wurde 1616 in Thüringen geboren. Mit zwölf Jahren schickte ihn sein Vater zum Musikstudium nach Dresden, wo Heinrich Schütz persönlich seine Ausbildung beaufsichtigte und ihn 1633 zur Fortbildung zu dem Organisten Jacob Praetorius, einem der berühmtesten Schüler von Sweelinck, nach Hamburg schickte. Weckmann kehrte 1636 nach Dresden zurück, wurde zum Organisten der kurfürstlichen Schlosskirche ernannt und in die kurprinzliche Kapelle aufgenommen. Danach hielt er sich als Hoforganist in Dänemark auf, bevor er 1647 nach Dresden zurückberufen wurde. Wenig später mass er sich in in einem Wettspiel mit dem hochberühmten Cembalisten des Kaisers, Johann Jacob Froberger, der nach dem Konzert erklärte, Weckmann sei ein echter Virtuose. Das war der Beginn einer langjährigen Freundschaft zwischen den beiden Musikern. Der Musikschriftsteller Johann Mattheson berichtet darüber wie folgt: „Beregte beide Künstler haben hernach immer einen vertraulichen Briefwechsel geführet, und Froberger sandte dem Weckmann eine Suite von seiner eignen Hand, wobey er alle Manieren setzte, sodass Weckmann auch dadurch der frobergerischen Spiel-Art ziemlich kundig ward.“

Nach einem spektakulären Probespiel folgte 1655 seine Ernennung zum Organisten der Kirche St. Jacobi in Hamburg. Die Honoratioren der Stadt, die eifersüchtig trachteten, es den diversen deutschen Höfen auf kulturellem Gebiet gleichzutun, wenn sie nicht gar zu übertreffen, dürften stolz darauf gewesen sein, dass es ihnen gelungen war, einen so brillanten und avantgardistischen Musiker zu gewinnen. 1660 erwarb Weckmann das Hamburger Bürgerrecht und gründete kurz danach das Collegium Musicum, ein Ensemble von fünfzig Musikern, das jede Woche probte und die besten italienischen und deutschen Kompositionen spielte.

Die ungewöhnliche Vielfalt und Breite seines stilistischen Spektrums weisen Weckmann als einen der bedeutendsten Clavier- und Orgelkomponisten des 17. Jahrhunderts aus. Seine Neuheiten und „Erfindungen“ stehen immer im Dienste der Expressivität des Ausdrucks. Mit einem Augenzwinkern berichtet Mattheson: „Der berühmt gewesene Organist zu St. Jacob in Hamburg, Matthias Weckmann (…) habe im SingBasse den Messiam so deutlich abgemahlet, alswenn er ihn mit Augen gesehen hätte”. Im Bereich der Orgelmusik stechen besonders seine beiden gewaltigen Choralzyklen über „Es ist das Heil uns kommen her“ und „O lux beata trinitas“ hervor, in denen er die Mehrstimmigkeit mithilfe des Doppelpedals auf bis zu sieben Stimmen steigert. Diese Kompositionen übertreffen an Umfang und Repräsentation alles, was an Orgelmusik aus dem 17. Jahrhundert bekannt ist. Das Werk Weckmanns zeichnet sich aber nicht nur durch Monumentalität aus. Vielmehr sind es die unterschiedlichen Affekte, die Gegensätzlichkeit von Ernst und Virtuosität, der aussergewöhnliche kontrapunktische Reichtum und die starke theologische Verankerung, die sein Oeuvre sowohl mit den grössten Polyphonisten des ausgehenden Mittelalters als auch mit den letzten Werken Johann Sebastian Bachs verbinden.

Léon Berben

Der niederländische Organist und Cembalist Léon Berben (geb. 1970) beschäftigt sich seit langem intensiv mit der Musik Matthias Weckmanns. Für seine wegweisende CD-Einspielung sämtlicher Orgelwerke Weckmanns an der Scherer-Orgel (1624) in der Stephanskirche in Tangermünde und der Stellwagen-Orgel (1636) in der Jakobikirche in Lübeck erhielt er 2021 den Preis der deutschen Schallplattenkritik. Dabei lobten die Juroren den Interpreten als einen „Künstler, dessen Expertise und charmante Musikalität die unendlich erfinderische Kontrapunktik Weckmanns ins Licht rücken.“

Léon Berben studierte am Königlichen Konservatorium von Den Haag und am Sweelinck-Konservatorium in Amsterdam. Zu seinen Lehrern gehörten u.a. Gustav Leonhardt und Ton Koopman. Früh spezialisierte er sich auf das Repertoire der „Clavierwerke“, also der Musik für Tasteninstrumente von 1550 bis 1790, wobei sein Hauptinteresse den deutschen Komponisten, den englischen Virginalisten und dem Schaffen Sweelincks gilt. Von 2000 bis 2006 war Léon Berben als Cembalist Mitglied von Reinhard Goebels Musica Antiqua Köln. In dieser Eigenschaft gastierte er in Europa, Nord- und Südamerika sowie Asien und spielte zahlreiche CDs für Deutsche Grammophon/Archiv Pro-duktion ein. Seit der Auflösung des Ensembles verfolgt er eine ausgedehnte Solistenkarriere, die ihn auf renommierte internationale Festivals führte wie z.B. Klavier Festival Ruhr, Internationaal Orgelfestival Haarlem, Schleswig Holstein Musik Festival, Bodensee Musikfestival, Festival oude muziek Utrecht, Rheingau Musikfestival, Lucerne Festival, Festival de Música Antiga de Barcelona. Léon Berbens zahlreiche Solo-Einspielungen wurden mit einer Fülle von Preisen bedacht, darunter gleich siebenmal der «Preis der deutschen Schallplattenkritik», aber auch der «Choc» der Zeitschrift Le Monde de la Musique und der «Diapason d’Or.

Passionskonzert

Sonntag, 24. März 2024

Kirche Maria Frieden

Georg Friedrich Händel (1685-1759): Chandos Anthems

„Have mercy upon me“ HWV 248, „Let God arise“ HWV 256a

María Cristina Kiehr (Sopran), Florencia Menconi (Mezzosopran), Rodrigo Carreto (Tenor), Sebastián León (Bariton), Dirk Trüten (Orgel), Barockensemble convivium musicum zürich

Im Juli 1717 machte der englische König Georg I. mit einer Reihe adeliger Gäste einen Segelausflug auf der Themse, den Händel und seine Musiker auf einem Nachbarboot mit der berühmten Wassermusik begleiteten. Dies beeindruckte den kunstliebenden und sagenhaft reichen Herzog von Chandos, James Brydges, derart, dass er Händel kurzerhand als persönlichen Hauskomponist engagierte. Händel traf am 4. August 1717 auf dem Landsitz des Herzogs ein. Hier komponierte er bis Ende 1718 hauptsächlich seine elf „Chandos-Anthems“. Sie sind grundsätzlich als Zweierpaare konzipiert, wobei ein Werk jeweils besinnlich und das andere festlich angelegt ist. Alle Anthems entstanden für ein klein besetztes Ensemble von einzeln besetzten Streichern ohne Bratschen, einer Oboe und Fagott sowie einer Orgel. Händels Gesangsensemble bestand nur aus zwei oder drei Männern sowie zwei Knaben, die die Oberstimme sangen. Dennoch gelang es ihm, mit diesen relativ bescheidenen Mitteln grosse Effekte zu erzielen.


Mit dem gegensätzlichen Paar „Have Mercy upon me“ HWV 248 und „Let God arise“ HWV 256a folgt unser Programm – ebenso wie im Hinblick auf die rein solistische Besetzung – so weit wie möglich den Absichten Händels. „Have Mercy upon me“ basiert auf dem 51. Psalm, dem Miserere. Dieser Psalm hatte früher seinen festen Platz im Stundengebet der Karwoche. Die schwermütige Stimmung des Bussgebets bestimmt den Charakter der Musik in allen Sätzen, aber am eindringlichsten vielleicht in den Solonummern für Sopran und Tenor. Im zweiten Chorsatz hellt sich die die Musik auf, wenn die Stimmen ihre Hoffnung auf „Freude und Wonne“ ausdrücken. Das Stück schliesst mit einer gewaltigen Doppelfuge zu den Worten „Ich will die Frevler deine Wege lehren und die Sünder kehren um zu dir“.

Mit „Let God arise“ schlagen wir den Bogen zu Ostern, basiert dieses Anthem doch auf den Psalmen 68 und 76, die von der Zerstörung der Feinde durch die mächtige Hand Gottes berichten, wie es heute noch in den Lesungen der Osternacht berichtet wird. Nach einer glanzvollen instrumentalen Sonata stellt sich die kriegerische Stimmung schon im ersten Chor ein, wo Instrumente und Stimmen das Auseinanderjagen der Feinde imitieren. Der eindrückliche Schluss weist unverkennbar auf den berühmtesten Chorsatz Händels voraus, das „Halleluja“ aus dem Messias.

Jubiläumskonzert 10 Jahre Edskes-Orgel

Sonntag, 25. August 2024

Kirche Maria Frieden

Sietze de Vries (Groningen), Orgel

Mit diesem Konzert feiern wir das 10-jährige Jubiläum unserer Edskes-Orgel. Wir freuen uns sehr, dass wir diesen besonderen Anlass zusammen mit dem international renommierten Konzertorganisten und Kirchenmusiker Sietze de Vries feiern dürfen. Sietze de Vries war mit dem 2022 verstorbenen Erbauer der Dübendorfer Orgel eng verbunden und besucht uns regelmässig im Rahmen seiner Konzerttätigkeiten sowie als Leiter von Exkursionen. Ausserdem begleitet er uns als musikalischer Leiter auf unseren jährlichen Orgelreisen.

Sietze de Vries studierte u.a. bei Wim van Beek, Jan Jongepier und Jos van der Kooy (Improvisation). Neben seinem Masterabschluss besitzt er auch die Befähigungsbescheinigung I für Kirchenmusik und eine besondere Auszeichnung in Improvisation. Während und nach seinem Studium an den Konservatorien von Groningen und Den Haag machte er sich einen Namen, indem er nicht weniger als 15 Preise bei verschiedenen Orgelwettbewerben gewann. Ein Höhepunkt dieser Periode war der Gewinn des internationalen Improvisationswettbewerbs zu Haarlem im Jahre 2002. Anschliessend setzte Sietze de Vries seine Karriere auch international fort. Er konzertiert mittlerweile in vielen europäischen Ländern, aber auch in den Vereinigten Staaten, Kanada und Australien. Er unterrichtet Orgel und Improvisation am Prins Claus Conservatorium zu Groningen und ist als Organist an der berühmten Schnitgerorgel der dortigen Martinikerk tätig. Als künstlerischer Leiter des „Orgel Educatie Centrum“ wirbt er für den historischen Orgelbesitz der Provinz Groningen.

Neben seiner Tätigkeit als konzertierender und unterrichtender Organist ist Sietze de Vries europaweit als Exkursionsleiter aktiv, hält Vorträge und Meisterkurse und gestaltet spezielle Kinderprogramme rund um die Orgel. Sein Engagement bei der Förderung von jungen Talenten zeigt sich auch daran, dass er als fester Begleiter des bekannten Roder Jongenskoor, der Roden Girl Choristers und des Kampen Boys Choir amtiert. Artikel aus seiner Hand über Kirchenmusik, Orgelbau und Improvisation erscheinen regelmässig in verschiedenen internationalen Zeitschriften. Als Redakteur für Orgelbau ist Sietze de Vries für die Fachzeitschrift “Het Orgel” tätig.

Weihnachtskonzert

Sonntag, 8. Dezember 2024

Kirche Maria Frieden

Werke von Biagio Marini (1594-1663), Antonio Vivaldi (1678-1741), Francesco Manfredini (1684-1762), Arcangelo Corelli (1653-1713) und Alessandro Stradella (1643-1682)

Capricornus Consort Basel: Peter Barczi (Barockvioline), Eva Borhi (Barockvioline), Matthias Jäggi (Barockviola), Daniel Rosin (Barockcello), Silvia Tecardi (Viola da Gamba), Michael Bürgin (Violone), Julian Behr (Zupfinstrumente), David Blunden (Tasteninstrumente)

Seit seiner Konstituierung in 2006 widmet sich das Capricornus Consort Basel vorrangig seltenen und solistisch zu besetzenden Werken des Barock und Hochbarock. Der Primgeiger, Gründer und künstlerische Leiter Peter Barczi schart dabei eine Gruppe von Musikerinnen und Musikern um sich, deren gegenseitige künstlerische Verbundenheit meist schon auf Freundschaften aus der Studienzeit an der renommierten Universität für Erforschung und Vermittlung historischer Musik, der Schola Cantorum Basiliensis, zurückgeht.

Ihren musikalischen Zusammenhalt finden die Mitglieder des Capricornus Consort Basel aber nicht zuletzt in der anhaltenden Übereinstimmung, was die Anforderungen an Interpreten im Umgang mit Alter Musik betrifft. Damit scheint der Weg zum wunderbarsten Zusammenklang in einem besonderen Mass über den verbundenen Ausdruckswillen eigenständiger Musiker-Persönlichkeiten zu führen. Das Capricornus Consort Basel kann auf Einladungen namhafter Festivals zurückblicken und hat insbesondere mit seinen CD-Einspielungen die Aufmerksamkeit der internationalen Fach-Presse erregt.

Orgelkonzert

Sonntag, 2. Juni 2024

Kirche Maria Frieden

Nathan Laube (New York)

2024 feiert unsere Edskes -Orgel ihren zehnten Geburtstag! Wir freuen uns daher sehr, dass wir den Reigen der diesjährigen Jubiläumskonzerte mit einem der weltweit brillantesten Organisten der jüngeren Generation eröffnen dürfen.


Neben seiner Tätigkeit als ausserordentlicher Professor für Orgel an der Eastman School of Music (University of Rochester, New York) und internationaler Berater für Orgelstudien am Royal Birmingham Conservatoire (Grossbritannien) kann Nathan Laube (*1988) auf eine umfangreiche Konzerttätigkeit zurückblicken, die sich mit Auftritten u.a. im Wiener Konzerthaus, der Hamburger Elbphilharmonie, der Berliner Philharmonie und der Royal Festival Hall in London über vier Kontinente erstreckt. Von 2020-2022 war Laube Professor für Orgel an der HMDK Stuttgart. In den USA ist er regelmässiger Gast in den grossen Konzertsälen des Landes, u.a. in Philadelphia, San Francisco, Dallas, Seattle und Los Angeles. Zu den bemerkenswerten Auftritten der letzten Zeit gehörten das Eröffnungskonzert der restaurierten Orgel der King’s College Chapel, Cambridge sowie Auftritte in der Kathedrale Notre-Dame in Paris und der St. Paul’s Cathedral in London. Im Sommer 2017 war er der erste Organist in Residence an der berühmten Müller-Orgel von 1738 in der St. Bavo Kerk in Haarlem (Niederlande).

Als Interpret, Pädagoge und Dozent ist Nathan Laube regelmässiger Gast bei den bedeutendsten Orgelfestivals der Welt. Darüber hinaus ist er in verschiedenen Führungspositionen für die Organ Historical Society tätig. Seine Aufnahme des Orgelkonzerts des US-amerikanischen Komponisten Stephen Paulus wurde im Februar 2016 mit einem Grammy für das beste klassische Album ausgezeichnet.

Kammermusikkonzert Venedig

Sonntag, 4. Februar 2024

Kirche Maria Frieden

Giovanni Legrenzi (1626-1690): Triosonate in G, La Benaglia, op. 4/3
Antonio Caldara (1670-1736): Triosonate in e, op. 1/5
Giovanni Legrenzi: Triosonate in G, La Raspona, op. 2/6
Agostino Tinazzoli 1660-1723): Sonata Duodecima in d, Elevatione
Antonio Vivaldi (1678-1741): Triosonate in g, op. 1/1, RV 73
Agostino Tinazzoli: Toccata in d
Antonio Vivaldi: Triosonate in d, La Follia, op. 1/12, RV 63

Jana Karsko (Violine), Kio Seiler (Violine), Nicola Mosca (Violoncello), Giorgio Paronuzzi (Cembalo), Emanuele Forni (Theorbe), Dirk Trüten (Orgel)

Venedig ist eine Stadt der Musik, die ihresgleichen sucht. Seit über 500 Jahren haben dort die Besten der Besten musiziert und komponiert. 200 Jahre lang war Venedig das Zentrum des Notendrucks. Bereits im frühen 17. Jahrhundert erschienen hier zahlreiche Drucke mit Triosonaten, einer damals neuen Musikgattung, bei der sich zwei gleichwertige Melodielinien im Gleichgewicht zu einem harmonisch stützenden Basso continuo entfalten können. Dieses Prinzip war so erfolgreich, dass es auch in der venezianischen Orgelmusik Anwendung fand, wie die schwungvollen Toccaten und intimen Sonaten von Agostino Tinazzoli belegen. Auch hier notiert der Komponist nur eine oder zwei Melodiestimmen und eine bezifferte Basslinie, zu der der Organist die passenden Harmoniestimmen improvisatorisch hinzufügen muss.

Während die frühen Triosonaten oft in gedruckten Sammlungen geistlicher oder weltlicher Vokalmusik enthalten waren, publizierte Giovanni Legrenzi 1655 die erste Sammlung nur mit Triosonaten, die zu ihrer Zeit zu den progressivsten Werken dieser Gattung überhaupt gehörten. Legrenzi gab so einen Stil vor, der u.a. von Vivaldi und Bach aufgegriffen wurde, was sich etwa an Bachs Fuge BWV 574 über ein Thema Legrenzianum zeigt.

In Venedig erwies sich dann v.a. Antonio Vivaldi als Vollender der barocken Sonatenkunst. Dabei löst er sich von den Vorbildern und lotet das Potenzial dieser Gattung voll aus. So lässt er uns zunächst in die besinnliche und intensive Atmosphäre einer venezianischen Kirche eintauchen, um uns dann mit Tanzsätzen zu überraschen, in denen ein virtuoser Wettstreit zwischen den Geigen stattfindet. Die abschliessende Follia ist eines der Meisterwerke des Sonatenrepertoires für zwei Geigen, das eine unwiderstehlich mitreissende Wirkung hat. Langsame und schnelle, nachdenkliche oder temperamentvolle Variationen folgen einander in einer stilistischen Meisterschaft, die die Ausführenden – und die Zuhörer – von der Intimität zur Virtuosität führt.

Johann Sebastian Bach: Weihnachtsoratorium (Kantaten I und III)

Sonntag, 10. Dezember 2023

Kirche Maria Frieden

Christina Boner (Sopran), Tobias Knaus (Altus), Akinobu Ono (Tenor), Sebastián León (Bass),
Barockensemble convivium musicum zürich, Dirk Trüten (Orgel)

Unter den grossen vokal-instrumentalen Werken Bachs ist das 1734 uraufgeführte Weihnachtsoratorium bis heute zweifellos das beliebteste. Wenn die fünf markanten Paukenschläge ertönen, mit denen der erste Teil anhebt, dann ist Weihnachten! In Wort und Ton fasziniert das Werk auch den heutigen Hörer unmittelbar. Thematisches Rückgrat Bachs weihnachtlicher Klangrede in Wort und Ton ist die Weihnachtsgeschichte nach dem Evangelisten Lukas. Von den sechs Kantaten des Oratoriums erklingen in unserer Dübendorfer Aufführung die erste und dritte, welche die eigentliche Geburt Christi zum Thema haben.

Der grundlegende Aufbau des Oratoriums orientiert sich an der gottesdienstlich-liturgischen Ordnung und ist in jeder Kantate etwa folgender: Auf eine Einstimmung (festlicher Eingangschorsatz oder instrumentale Sinfonia), die den Grundaffekt (z.B. Jubel, Freude, Aufforderung zum Gotteslob) enthält, folgen die Lesung (Evangelist: Bibelwort), eine Betrachtung (z.B. durch ein Rezitativ), ein Gebet (z.B. durch eine Arie) und schliesslich die Antwort „der Gemeinde“ (der Choral). In der ersten Kantate steht die Freude über die Ankunft Christi im Vordergrund.

Der ersten Kantate verleihen der jubelnde Eingangschor, die strahlend glänzende Tonart D-Dur und der schallende Klang von Trompeten und Pauken einen ungemein festlichen Charakter. Angestossen durch diese äussere Bewegung spiegelt die Alt-Arie „Bereite dich, Zion“ die innere adventliche Sehnsucht und gibt eine erste Ahnung von der Grösse des Bevorstehenden. Demgegenüber preist die Bass-Arie „Grosser Herr und starker König“ hymnisch die Majestät Gottes. Der abschliessende Choral formuliert die Bitte, als ständige Erinnerung das eigene Herz zu einer Krippe werden zu lassen.

Die dritte Kantate beschliesst die eigentliche Geschichte der Weihnachtsnacht mit der Anbetung durch die Hirten im Stall zu Bethlehem. Der festliche Eingangschor preist den „Herrscher des Himmels“ mit voller instrumentaler Besetzung. Nach dem Verschwinden der Engel machen sich die Hirten auf den Weg nach Bethlehem, indem sie sich gegenseitig auffordern: „Lasset uns nun gehen“. In einem Wiegenlied versucht Maria, alles Gehörte meditativ zu verinnerlichen, bevor der Evangelist von der fröhlichen Rückkehr der Hirten erzählt. Die Kantate schliesst mit der Wiederholung des festlichen Eingangschors „Herrscher des Himmels“, was ihr besondere Geschlossenheit und einen glänzenden Abschluss verleiht.

Orgelkonzert Lorenzo Marzona (Spilimbergo/I)

Sonntag, 29. Oktober 2023

Kirche Maria Frieden

Orgelwerke u.a. von Samuel Scheidt, Heinrich Scheidemann, Dietrich Buxtehude im Wechsel mit gregorianischem Gesang (Ausführende: Sebastián León und Josep Cabré)

Vor der Einführung des Gemeindegesangs wurde in der Kirche vor allem „alternatim“, d.h. im Wechsel von Choralschola und Orgel musiziert. Diese abwechslungsreiche und lebendige Tradition ist heute fast in Vergessenheit geraten und soll anlässlich unseres Konzertes mit dem italienischen Organisten Lorenzo Marzona und einer Choralschola unter der Leitung des Baritons Sebastián León (Basel) wieder erlebbar gemacht werden.

Lorenzo Marzona ist bekannt als Experte für Orgel- und Cembalomusik der Renaissance und des Barock. Durch seine persönliche und direkte Beziehung zu einigen der wichtigsten Spezialisten auf diesem Gebiet, darunter Andrea Marcon und Lorenzo Ghielmi, vertiefte er seine Kenntnis der alten Interpretationspraktiken, bevor er am Diözesankonservatorium von Gurk/Klagenfurt das Diplom in Kirchenmusik erwarb. Darüber hinaus besuchte er Meisterkurse bei so bedeutenden Interpreten wie Jean-Claude Zehnder, Harald Vogel, Luigi Ferdinando Tagliavini, Reinhard Jaud, Gerhard Auzinger und Massimo Nosetti.

Er tritt als Solist und Continuospieler verschiedener Vokal- und Instrumentalensembles auf. Hierzu zählt insbesondere das Collegium Musicum Naonis (Pordenone), zu dessen Mitbegründern er gehört. Darüber hinaus wird er regelmässig zu Konzerten in vielen wichtigen italienischen Städten, in der Schweiz und mehrmals in Österreich eingeladen. Als Organist bespielt er bedeutende historische Orgeln in den Pfarreien von Spilimbergo (Italien) und Vodnjan (Kroatien). Er ist Präsident des Vereins „Vincenzo Colombo“ in Pordenone (Region Friaul-Julisch Venetien).

Als Ehreninspektor der Superintendenz hat er die Restaurierung zahlreicher historischer Instrumente in dieser an historischen Orgeln besonders reichen Region Italiens begleitet und tut dies auch weiterhin. Auch wurde er mehrfach als Berater bei der Planung neuer Orgeln hinzugezogen. Er hat CDs aufgenommen, an Radio- und Fernsehsendungen, auch für die RAI, teilgenommen, Monographien, Veröffentlichungen und Artikel über Orgelkunst herausgegeben sowie Kurse und Konferenzen über Orgeln und Orgelbau organisiert und geleitet. Im Jahr 2005 wurde er für seine künstlerischen Verdienste zur «Persönlichkeit des Jahres» in Friaul-Julisch-Venetien ernannt.

Orgelkonzert Prof. Edoardo Bellotti (Bremen)

Sonntag, 20. August 2023

Kirche Maria Frieden

“Salve Regina” – Werke von Thomas Babou, Johann Pachelbel, Georg Böhm, Antonio Vivaldi, Giovanni Battista Fasolo, Pablo Bruna, Johann Sebastian Bach und Improvisation

Edoardo Bellotti ist bekannt als Experte für Renaissance- und Barockmusik sowie für Generalbass und Improvisation. Nach seiner Ausbildung in den Fächern Orgel und Cembalo an der Universität Pavia (Italien) studierte er Humanwissenschaft und Theologie. Seine Tätigkeit als Pädagoge zieht sich durch Italien und Deutschland bis in die USA, wo er von 2012 bis 2018 eine Professur für Orgel, Cembalo und Improvisation an der renommierten Eastman School of Music (University of Rochester) innehatte.

Edoardo Bellotti verbindet seine Konzertpraxis mit musikwissenschaftlicher Forschung. Regelmässig veröffentlicht er Artikel und Texte für kritische Ausgaben von Cembalo- und Orgelkompositionen des 17. und 18. Jahrhunderts. Konzerte, Workshops und Meisterklassen führen ihn nach Europa, USA, Kanada, Korea und Japan. Seine zahlreichen Aufnahmen auf historischen Orgeln rufen begeisterte Reaktionen in der Musikszene hervor. Bellotti ist derzeit Professor für Orgel an der Hochschule für Künste in Bremen (Deutschland).